Stellungnahme der SRL im Rahmen der Verbändeanhörung zum Entwurf eines Klimaanpassungsgesetzes (KAG)

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Berufsverband für alle in der Planung Tätigen nehmen wir im Rahmen der Verbändeanhörung Stellung zum oben genannten Entwurf eines Klimaanpassungsgesetzes (KAG). Die Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL) e.V. hat ca. 2.000 Mitglieder, die in sämtlichen Bereichen der räumlichen Planung (Stadtplanung, Verkehrsplanung, Landschaftsplanung, Umweltplanung u.v.m.) tätig sind. Die SRL ist politisch unabhängig und wirtschaftlich eigenständig. Die Mitglieder der SRL sehen in der Gestaltung ihrer Umwelt durch verantwortliche Umsetzung räumlicher Planungen einen Beitrag zur Zukunftssicherung und eine Voraussetzung für ein „gutes Leben“ kommender Generationen.

Ziele des Gesetzes
Der vorliegende Referentenentwurf setzt sich zum Ziel, einen verbindlichen Rahmen für eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie des Bundes und die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und anderen Verwaltungsträgern in allen erforderlichen Handlungsfeldern zu schaffen. Hiermit soll ermöglicht werden, dass Einzelmaßnahmen innerhalb der verschiedenen Handlungsfelder besser aufeinander abgestimmt werden. Grundsätzlich soll ein Berücksichtigungsgebot bei allen Planungen und Entscheidungen von Trägern öffentlicher Aufgaben zum Tragen kommen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Entscheidungsspielräume bestehen. Neben dem Berücksichtigungsgebot soll ein Verschlechterungsverbot zum Tragen kommen.

Was regelt der Entwurf?
Der Entwurf regelt die Aufgaben und Pflichten des Bundes, der Länder und der nachgelagerten Gebietskörperschaften im Sinne der vorsorgenden Klimaanpassung. Wir nehmen nachfolgend Bezug auf das Verhältnis des KAGs zur Raumordnung, zur Regional- und Landesplanung und insbesondere zur kommunalen Entwicklung und somit zum allgemeinen und besonderen Städtebaurecht.

Grundsätzliches und Empfehlungen
Die SRL begrüßt sowohl das Klimaanpassungsgesetz als auch den grundsätzlichen Ansatz, das vorliegende KAG als Klammer für die Themen Starkregen, Hitze und Dürre zu nutzen und die bereits bestehenden rechtlichen Vorgaben um neue Handlungsfeldern zu ergänzen, um dadurch den Kanon der Klimaanpassung vollständig zu erfassen.

Cluster und Handlungsfelder
Als Planende empfehlen wir dringend, die Grünen Infrastrukturen neben der Blauen Infrastruktur in den städtischen Kontext aufzunehmen. Es ist mittlerweile wissenschaftlicher Standard, dass diese Handlungsfelder die zentralen Bausteine der kommunalen Klimaanpassung bilden. Das im Referentenentwurf vielzitierte Klimaanpassungsgesetz NRW bildet genau das Handlungsfeld Grüne Infrastrukturen ab.

Indikatoren
Eine Überlegung wäre, die quantitativen Indikatoren und die zugehörigen Messvorschriften bundesweit per Verordnung festzulegen, dies würde einheitliche Standards setzen, eine Vergleichbarkeit ermöglichen und grundsätzlich dem Thema gerecht werden.

Berücksichtigungsgebot
Das umfassende Berücksichtigungsgebot ist ein zentraler Ansatz für diesen Gesetzesentwurf. Für den Bereich der Raumordnung und der Bauleitplanung ergeben sich hieraus keine besonderen neuen Anforderungen, da die Berücksichtigung der Belange der Klimaanpassung bereits sowohl im ROG als auch im BauGB verankert ist. Offensichtlich findet der Gesetzgeber die bisherigen Regelungen im BauGB als ausreichend, um die Anpassung an den Klimawandel mittels des bestehenden Instrumentariums zu vollziehen. Zumindest für den Bereich der Starkregenvorsorge als auch der grundsätzlich wasserbewussten Stadtentwicklung und der damit verbundenen Regenwasserbewirtschaftung zeigt jedoch die aktuelle Umsetzung, dass diese Konzepte nur in sehr geringem Umfang in konkrete Planungen einfließen und die klassische Siedlungsentwässerung weiterhin maßgeblich Vorrang erhält. Es wäre sehr wünschenswert, dass das künftige Gesetz stärker hervorhebt, ob es hier das Fachrecht (bspw. Wasserhaushaltsgesetz) oder das BauGB in Zukunft in der Pflicht sieht, und hier kurz- oder mittelfristig schärfere Regelungen bspw. für die Bewirtschaftung von Regenwasser Eingang finden.

Verschlechterungsverbot
Inwieweit das ebenfalls benannte und absolut begrüßenswerte Verschlechterungsverbot in der Realität tatsächlich greifen kann, wird sich in der gelebten Praxis zeigen. Die im Entwurf formulierten Prinzipien der Unvermeidlichkeit des Eingriffes bspw. wurden bereits in mehreren Bereichen des Bodenschutzes oder rechtlichen Vorgaben verwendet, ohne dass die Wirkung im Bereich des Flächenverbrauchs oder der Entsiegelung messbar verbessert wurde. Weiterhin ist die Prüfinstanz zu formulieren, die die Abwägung vornimmt, ob ein Ein-griff vermeidlich oder unvermeidlich ist und welche Kriterien die Unvermeidlichkeit fundieren.

Verhältnis zu anderen rechtlichen Vorgaben
Aus unserer Sicht lässt der Entwurf des KAG auch direkte Bezüge zur Gesetzgebung hin-sichtlich Hochwasser (WHG und Landesgesetze) deutlich vermissen. Dort gibt es ein in sich geschlossenes Regime aus Gefahren- und Risikokarten, Managementplänen, Schutzgebieten etc. Wie werden diese Planungsgrundlagen bspw. auf den unterschiedlichen räumlichen Ebenen im Bereich der Bestandsaufnahmen oder Klimarisikoanalyse integriert?
Auch eine Vernetzung mit (Neu-)Regelungen zum Wiederaufbau nach Katastrophen und der Klimaresilienz im Wiederaufbau (siehe aktuelle Verfahren BauGB und die Aufnahme des §246c des BMWSB) ist unsererseits dringend anzuraten, um bspw. nach klimabedingten Katastrophen zur Beschleunigung des Wiederaufbaus die Klimaresilienz zielführend in diese Prozesse aufzunehmen. Möglicherweise wäre das Thema Wiederaufbau in einem Klimaanpassungsgesetz sogar besser aufgehoben als im BauGB.

Die Rolle der Kommunen
Weiterhin wird festgestellt, dass mit diesem Gesetzesentwurf weitere zusätzliche Aufgaben auf die Kommunen zukommen, die einerseits prozessorientiert und strategisch angelegt und anderseits querschnittsorientiert sind. Parallel laufen zurzeit Gesetzesvorhaben mit ähnlichem Ansatz, bspw. der kommunalen Wärmeplanung. Sie werden grundsätzlich seitens der SRL begrüßt, um den Auswirkungen des Klimawandels und der Transformation der Sektoren im Bereich des Klimaschutzes gerecht zu werden (und somit unsere natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne des GG zu schützen). Es ist jedoch klar festzustellen, dass in den bisherigen Entwürfen und Eckpunktepapieren diese Thematik und auch Problematik leider nur sehr unzureichend Darstellung findet (Konnexitätsprinzip).
Unseres Erachtens ist der Erfüllungsaufwand teilweise viel zu niedrig angesetzt. Aus unserer Sicht ist bspw. die Klimarisikoanalyse das Herz einer solchen Klimaanpassungskonzeption. Sie ist mit deutlich mehr Kapazitäten zu versehen, als es der Entwurf hier vorgibt. Nur mit einer entsprechend qualitativ hochwertigen Analyse der Betroffenheit kann ein glaubhaftes, fundiertes und somit zielgerichtetes Maßnahmenkonzept abgestimmt formuliert werden.

Begründung
Final zeigt die Begründung des Gesetzentwurfes im Grunde keinen deutlichen Erkenntnis-gewinn und enthält durchaus viele Wiederholungen. Hier wäre ein tieferer Detaillierungsgrad wünschenswert gewesen.

Zum Entwurf im Einzelnen und mit konkreten Vorschlägen zu §12 Klimaanpassungskonzepten im Besonderen:

Bund, Länder und die nachgelagerten Gebietskörperschaften werden künftig dazu verpflichtet,
• eine Klimaanpassungsstrategie (Bund, Länder)
• eine Klimarisikoanalyse (Bund, Länder) als auch ein
• Klimaanpassungskonzept (Bund, Kommunen)

zu erstellen.

Damit ist ein umfangreiches Monitoring und Berichtswesen verbunden, um die Zielerreichung entsprechender Maßnahmen anhand messbarer Indikatoren darstellen zu können und bei Verfehlen der Ziele entsprechend innerhalb eines Zeitraums mittels neuer Maß-nahmen nachzusteuern, um die Ziele zu erreichen. Dies hat für die Gebietskörperschaften teilweise deutliche Auswirkungen auf ihre personelle und finanzielle Situation. Weiterhin ergeben sich hiermit umfangreiche neue und querschnittsorientierte Aufgaben. Die Beurteilung des §12 im Folgenden im Detail:

Abs. 1: „Die Länder bestimmen im Rahmen der Grenzen des Artikels 28 Absatz 2 des Grundgesetzes diejenigen öffentlichen Stellen, die für die Gebiete der Gemeinden und der Landkreise oder Kreise jeweils ein integriertes Klimaanpassungskonzept aufstellen und die darin vorgesehenen Maßnahmen umsetzen. Dabei können die Länder bestimmen, dass für das Gebiet einer Gemeinde unterhalb einer von den Ländern zu bestimmenden Größe kein Klimaanpassungskonzept aufgestellt werden muss, solange ihr Gebiet durch ein Klimaanpassungskonzept für das Gebiet eines Landkreises oder Kreises abgedeckt ist. Länder, die von Satz 2 keinen Gebrauch machen, können bestimmen, dass für das Gebiet von Land-kreisen oder Kreisen kein Klimaanpassungskonzept aufgestellt werden muss.“

Diese Regelung gibt den Ländern die Möglichkeit, flexibel auf die Größenstruktur ihrer Gebietskörperschaften Bezug zu nehmen. Dieser Ansatz ist grundsätzlich begrüßenswert.

Abs. 2: Die Länder bestimmen die wesentlichen Inhalte der Klimaanpassungskonzepte nach Absatz 1. Diese sollen mindestens folgende Elemente enthalten beziehungsweise darauf aufbauen:
1. im Rahmen einer Bestandsaufnahme die Recherche, Erhebung und Aufarbeitung von vorhandenen Klimadaten zur aktuellen Situation und zukünftigen Entwicklung,
2. eine Klimarisikoanalyse im Sinne einer Identifikation von potenziellen prioritären Risiken und sehr dringlichen Handlungserfordernissen (Betroffenheitsanalyse),
3. Entwicklung einer übergeordneten Gesamtstrategie zur nachhaltigen Klimaanpassung für die Gebietskörperschaft unter Berücksichtigung von Schnittstellen und Synergien zu anderen Bereichen der Nachhaltigkeit, sowie unter Berücksichtigung bestehender Klimaanpassungsprozesse und -aktivitäten und
4. ein auf die örtlichen Gegebenheiten bezogener Maßnahmenkatalog zur Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts, dieser sollte möglichst auch Maßnahmen enthalten, mit denen Vorsorge insbesondere in extremen Hitzelagen, bei extremer Dürre und bei Starkregen getroffen werden kann, sowie solche, die die Eigenvorsorge der Bürger erhöhen. Die Länder bestimmen darüber hinaus, ob und in welcher Form Klimaanpassungskonzepte nach Absatz 1 einer Beteiligung der Öffentlichkeit, einer Berichterstattung über die Umsetzung ihres Maßnahmenkatalogs und einer Fortschreibung bedürfen.

Diese Rahmensetzung gibt den Ländern die Möglichkeit, entsprechende Standards für alle Gebietskörperschaften zu formulieren. Somit ist eine Vergleichbarkeit der Konzepte gegeben. Auch dieser Ansatz wird ausdrücklich begrüßt, denn die Erfahrung aus dem Bereich des Klimaschutzes zeigt klar die teils erheblichen inhaltlichen Diskrepanzen von der Bilanzierung bis hin zur Maßnahmenerstellung, welche eine Vergleichbarkeit kaum möglich machen. Weiterhin ist hiervon abhängig, inwieweit Klimaschutzkonzepte überhaupt in den kommunalen Planungen und Konzepten Berücksichtigung finden konnten. Dies gilt auch für die bisherigen Erstellungen von Klimaanpassungskonzepten. Gleichfalls sollte darauf geachtet werden, dass regionale starke Disparitäten hier ebenfalls Beachtung finden, um die ausführenden Instanzen nicht zu überfordern.

(3) Der Umfang einer Klimarisikoanalyse richtet sich nach der Situation und den Bedürfnissen der jeweiligen juristischen Person. Bei der Aufstellung von Klimarisikoanalysen und integrierten Klimaanpassungskonzepten sind die relevanten Planungen der jeweiligen juristischen Person zu berücksichtigen sowie die Analysen und Konzepte für Landkreise oder Kreise, in denen die durch das Klimaanpassungskonzept betroffene juristische Person ihren Sitz hat oder an die sie angrenzt.

Diese Aufgabe bildet angesichts der teilweise schlechten Datengrundlage der Gebietskörperschaften aus unserer Sicht eine große Herausforderung. Dies wird auch in der Begründung zum Referentenentwurf deutlich. Bund und Länder müssen die Ersteller der Analysen entsprechend qualifiziert mit den erforderlichen Daten unterstützen und diese möglichst nach dem Prinzip „Wer bestellt, liefert auch“ kostenfrei bereitstellen. Hinsichtlich der stadt-klimatischen Daten ist dringend das Vorhaben „Palm 4you“ zu finalisieren, um den Kommunen und Landkreisen kostenfreien Zugang bis hin zu gebäudeorientierten Daten zu geben.

(4) In Klimaanpassungskonzepten nach Absatz 1 sind insbesondere bestehende Hitzeaktionspläne, Starkregenkarten sowie Landschafts- und Grünordnungspläne zu berücksichtigen. Es soll identifiziert werden, welche Lücken bezüglich Klimaanpassung in der bisherigen Planung für das Gebiet der Gemeinde, des Landkreises oder Kreises oder anhand anderer Kriterien festgelegten Gebiets bestehen und diese sollen in den Klimaanpassungskonzepten adressiert werden.

Wichtig wäre hier der Zusatz: in Satz 1: oder vergleichbare Pläne und Grundlagen, die ebenfalls bereits konkrete Aussagen zu Handlungsfeldern der Klimaanpassung gemacht haben (bspw. Stadtgrünkonzepte).

(5) Die Bundesregierung unterstützt Träger öffentlicher Aufgaben bei der Erstellung
von Klimaanpassungskonzepten im Rahmen der bestehenden Förderlandschaft. Das für die Klimaanpassung zuständige Bundesministerium beauftragt ein Zentrum für Klimaanpassung, das Träger öffentlicher Aufgaben bei der Anpassung an den Klimawandel berät.
Aus unserer Sicht wäre es zielführend, die Förderlandschaft entsprechend der im Referentenentwurf dargelegten Kostenstrukturen auszustatten und einen entsprechenden Auf-wuchs zu generieren. Dies gilt auch für die nachfolgenden Berichtspflichten und insbesondere für das Personal.

Für Fragen und nachfolgende Gespräche stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr.-Ing. Martin Rumberg, für den SRL-Vorstand

Dipl.-Ing. Guido Spohr, für den SRL-AK Energie und Klima

Stellungnahme

Referententwurf