27.08.2024

Martin Birgel, Dieter Blase, Louisa Gress, Marco Hölzel; Sprecher und Sprecherin der SRL-Regionalgruppe Bayern

Sehr geehrter Herr Staatsminister Herrmann, 
sehr geehrte Damen und Herren,

vom Entwurf des „Erstes Modernisierungsgesetz Bayern“ haben wir über den Umweg der Bayerischen Architektenkammer erfahren. Leider wurden wir bei der Beteiligung der Fachverbände nicht direkt beteiligt. Bei zukünftigen Gesetzesentwürfen mit Bezug zur Stadt-, Regional- und Landesplanung bitten wir, die SRL-RG Bayern zu beteiligen. 

Die grundsätzliche Stoßrichtung beider Gesetzesvorhaben unterstützen wir ausdrücklich. Eine Vielzahl an Regelungen und Verordnungen belasten die Gesellschaft und behindern eine zukunftsfähige Entwicklung Bayerns.

Der Stellungnahme der Bayerischen Architektenkammer vom 23.07.24 zum „Ersten Modernisierungsgesetz Bayern“ schließen wir uns voll inhaltlich an und möchten bei dieser Gelegenheit nochmal speziell auf einige uns besonders wichtige Aspekte zur Änderung der Bayerischen Bauordnung eingehen.

Kleinwindkraftanlagen
Die Erleichterung zur Errichtung von Kleinwindkraftanalgen wird ausdrücklich begrüßt. Auch wenn Bayern ein eher windarmes Bundesland ist, können Kleinwindkraftanlagen doch das Quellspektrum erneuerbarer Energien vergrößern. 

Kommunale Satzungen
Auch wenn das Themenspektrum des Art. 81 BayBO übergroß ist, ist gerade die Freiflächengestaltungssatzung in Hinblick auf Klimaanpassung und Ortsbild ein wichtiges Instrument und Ausdruck kommunalen Gestaltungswillens. Das Erscheinungsbild einer Kommune kann damit auch auf Gemeindeebene und somit von den Betroffenen gesteuert werden. Denn anders als das innere eines Gebäudes sind von der Erscheinung der Freiflächen alle betroffen – Passanten und Passantinnen genauso wie Nachbarinnen und Nachbarn. 

Kinderspielplätze
Der Entfall der Verpflichtung zur Herstellung eines Kleinkinderspielplatzes bei dem Neubau von 3 oder mehr Wohneinheiten, ist eine Reduktion der Lebensqualität, eine Beschneidung der sozialen Gerechtigkeit und ein Verlust der Kinderfreundlichkeit Bayerns.  

KFZ-Stellplätze
Die Verpflichtung zur Herstellung von KFZ-Stellplätzen ist gerade für den dringend notwendigen Bau von bezahlbarem Wohnraum eine enorme Belastung. Daher begrüßen wir, dass zukünftig nur noch eine Obergrenze für die Anzahl der KFZ-Stellplätze vorgegeben sein soll. Allerdings werden durch den Entfall des Stellplatzrahmens auf Landesebene Kommunen dazu verpflichtet, eine Stellplatzsatzung zu erlassen, wenn ein Rechtsrahmen gelten soll. Dies erzeugt einen erheblichen administrativen Aufwand bei Kommunen, da somit alle Bayerischen Kommunen eine Stellplatzsatzung erlassen müssen, auch jene, die mit einer Regelung auf Landesebene bisher gut zurechtgekommen sind.

Darüber hinaus besteht für Gemeinden ohne Stellplatzsatzung das Risiko, dass die Herstellung von Stellplätzen von Privatseite vollständig auf die Allgemeinheit verlagert wird und sich der gesamte ruhende Verkehr im öffentlichen Raum ergießt. Dessen Aufenthaltsqualität wird dadurch vermindert. Das ist weder sozial gerecht noch zukunftsweisend in Hinblick auf neue Mobilitätskonzepte und die Sicherung klimatisch wichtiger Freiräume.

Grundsätzlich sollte bei einer Modernisierung der Landesbauordnung darauf geachtet werden, dass wesentliche Zukunftshemen adressiert werden. So vermissen wir Regelungen, die eine innerörtliche Nutzung von Grundstücken gegenüber der Neuerschließung privilegieren. Ebenfalls fehlen Regelungen, die den Einsatz von gebrauchten bzw. recycelten Baustoffen bevorzugen und den Abriss von wertvoller, gebauter Ressource erschweren.

Die Erleichterung von Nutzungsänderungen begrüßen wir ausdrücklich und sehen hierin die Chance, wichtige Lebensbereiche, wie Wohnen und Arbeiten, wieder näher zueinander zu bringen.

Zum Zweiten Modernisierungsgesetz Bayern nehmen wir wie folgt Stellung:

§ 4 Änderung der Bayerischen Bauordnung

Terrassen, Wärmepumpen
Die Klarstellung, dass Terrassen und Wärmepumpen keine gebäudegleiche Wirkung entfalten, und damit keine Abstandsflächen auslösen, wird begrüßt. Es handelt sich aber zumindest um bauliche Anlagen, deren bauliche Nutzung jedoch weiterhin genehmigt werden muss.

Baugenehmigungsverfahren, Prüffrist auf Vollständigkeit
Die generelle Einreichung der Bauanträge direkt bei der Bauaufsichtsbehörde und die Einführung einer dreiwöchigen Frist zur Prüfung der Bauanträge auf Vollständigkeit wird grundsätzlich begrüßt; allerdings müssen den Bauaufsichtsbehörden auch entsprechende Kapazitäten zur Verfügung stehen, um erforderliche Vorprüfungen im geforderten Zeitrahmen durchführen zu können.

§ 6 Änderung des Bayerischen Statistikgesetzes

Die Überprüfung, ob alle Landesstatistiken unbedingt erforderlich sind, wird unterstützt. Aufwand der Datenerhebung und Erkenntnisgewinn stehen nicht immer im richtigen Verhältnis.

Wir geben allerdings zu bedenken, dass Statistiken Grundlage für Prognosen und Planungen sind. Werden hier Abstriche vorgenommen, reduziert sich die oft ohnehin dünne Datendecke. Planungen und Prognosen werden noch schwieriger. Wir regen an, zu überlegen, inwieweit von privaten Unternehmen gesammelte Standortdaten für kommunale oder staatliche Planungen zugänglich sein müssten.

Ein generelles zweijähriges Moratorium (2025 und 2026) für jede staatlich angeordnete Landesprimärstatistik scheint nicht zielführend. Entweder sind diese Daten überflüssig oder sie werden weiterhin gebraucht. Warum über eine Fortführung nicht auch der statistische Genehmigungsausschuss, sondern allein der Landesnormgeber entscheiden soll, bleibt nicht ersichtlich.

§ 7 Bayerisches Gesetz über wirtschafts- und vergaberechtliche Vorschriften (BayWiVG)

Die Anpassung der Grenzwerte für Unterschwellenvergabe mit Erhöhung der Wertgrenzen für Lieferungen, Bauleistungen und freiberufliche Leistungen wird als deutliche Entlastung und Vereinfachung für alle am Planungs- und Bauprozess Beteiligte begrüßt. Hier wurde bislang oft ein nicht verhältnismäßiger Aufwand betrieben, was auch zu deutlichen Verzögerungen im Planungs- und Bauprozess geführt hat.

Wir regen an, auch die korrespondierenden Vorschriften und Formblätter des Vergabehandbuch Bayern zu entschlacken.

§ 8 Änderung des Bayerischen Agrarstrukturgesetzes 

Wie in der Begründung richtig beschrieben „Die Preisentwicklung auf dem Pachtmarkt wird weit überwiegend durch das sich mit zunehmender Flächenknappheit zu Lasten der Pächter verschiebende Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt.“ Insofern sollte der Markt landwirtschaftlicher Flächen auf landwirtschaftliche Betriebe begrenzt und somit Preissteigerung durch spekulative Investitionen eingedämmt werden.

§ 9 Änderung des Bayerischen Waldgesetzes 

Die Aufhebung von Art. 39a und der damit verbundene Verzicht auf strengere Bayerische Regelungen der UVP-Grenzwerte bei Rodungen ist abzulehnen. Dies entspricht nicht dem Gedanken einer nachhaltigen Forstwirtschaft und führt zu einer Schwächung des Naturschutzes. Folgen einer Rodung sind in Zeiten des Klimawandels immer sogfältig abzuwägen. Gerade auch kleinere Waldgebiete weisen oft eine hohe Qualität für Naherholung und Naturschutz auf. 

Wir möchten uns abschließend für die Möglichkeit zur Beteiligung am Zweiten Modernisierungsgesetz Bayern bedanken und stehen für einen vertiefenden fachlichen Austausch und weitere Gespräche gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
Martin Birgel, Dieter Blase, Louisa Gress, Marco Hölzel
Sprecher und Sprecherin der SRL-Regionalgruppe Bayern

Stellungnahme