Ländliche Räume in Deutschland durchlaufen seit geraumer Zeit einen gravierenden Differenzierungsprozess. Während sich einige zu rentablen Agrarstandorten und attraktiven Tourismusregionen entwickeln, sind andere durch Arbeitslosigkeit und Landflucht geprägt.
 
Bedenkt man, dass angeblich 2/3 der Bevölkerung der Bundesrepublik in sog. Ländlichen Räumen leben, wird schnell klar, welche Betroffenheit hinter solchen Veränderungsprozessen steht. Von politischer Seite wird dieses Thema immer wieder prominent aufgegriffen; in der Regel natürlich mit einem vehementen Bekenntnis für den Ländlichen Raum. In der Realität vermittelt sich häufig ein anderer Eindruck. Die oft beschworene „Gleichwertigkeit der Lebensräume“ entpuppt sich angesichts der wegbrechenden Infrastruktur und sich ausdünnender Daseinsvorsorgeeinrichtungen dann doch häufig als pures Lippenbekenntnis. Demgegenüber steht ein schier unüberschaubares Geflecht an Förderprogrammen, unterstützenden Institutionen und Regierungseinrichtungen.
 
Allein über das Leader-Programm haben sich bundesweit nahezu 250 Leader Aktionsgruppen (LAGs) gebildet, die betreut von entsprechend vielen Regionalmanagern relativ unkoordiniert - so scheint es - ihre Ziele und Projekte verfolgen. Eine zielorientierte Gesamtstrategie für die Ländlichen Räume ist auf Bundes- und Länderebene wenig erkennbar. Viele der wesentlichen Akteure im Ländlichen Raum haben einen agrarisch ortenden Hintergrund oder Auftrag. So kritisiert auch die OECD: „In Deutschland ist die Politik zur Entwicklung der ländlichen Räume noch immer stark auf den Agrarsektor konzentriert. Beiträge anderer Bereiche zu Wachstum und Beschäftigung werden dagegen noch nicht ausreichend genutzt“. Die OECD empfiehlt Deutschland eine moderne und wirksame Strategie für nachhaltige ländliche Entwicklung, die die Potenziale von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft in den Regionen umfassend aktiviert.
Die Globalisierung, der demografische Wandel und die Abwanderung junger, innovativer Menschen stellen nur einige der Probleme dar, die auf die künftige Entwicklung Einfluss nehmen. Auf der anderen Seite gilt es jedoch, auch die spezifischen Stärken und Chancen ländlicher Räume zu erkennen und zu nutzen, die beispielsweise in dem Ausbau regionaler Wirtschaftsstrukturen und der Stadt-Land-Verbindungen oder auch der Sicherung und Weiterentwicklung von ökologisch intakten, touristisch attraktiven und lebenswerten Regionen liegen können. Dies alles stellt große Herausforderungen dar, vor denen sich derzeit viele ländliche Räume in Deutschland befinden. Stehen dafür die richtigen Antworten und Hilfestellungen vonseiten der Politik, der Planung, der relevanten Akteure im Ländlichen Raum zur Verfügung?

Thesenpapier zur Entwicklung des ländlichen Raums
Bearbeitung: Otto Kurz, Bernd Wolfgang Hawel, Georg Döll, SRL-Arbeitskreis "Ländlicher Raum", 2014